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Grenzüberschreitende Kindesentziehung
Hinweise zur Rechtslage bei Entziehung eines gemeinsamen Kindes durch ein Elternteil
Definition
Eine grenzüberschreitende Kindesentziehung liegt vor, wenn ein Elternteil ohne Einverständnis des (ebenfalls) sorgeberechtigten anderen Elternteils die gemeinsamen Kinder ins Ausland entführt oder nach einer Urlaubsreise deren Rückreise verhindert.
Das Auswärtige Amt und die deutschen Auslandsvertretungen werden bei Kindesentziehungen häufig um Unterstützung gebeten, haben aber keine rechtlichen und nur sehr begrenzte tatsächliche Möglichkeiten, um bei der Rückführung entzogener Kinder nach Deutschland zu helfen. Sorgerechts- und Aufenthaltsbestimmungsfragen sind durchweg in allen Ländern der Welt der Justiz zugeordnet, also den Gerichten. Dies gilt auch für Regelungen zum Umgangsrecht.
Unterstützungsmöglichkeiten der Auslandsvertretung
Die Deutsche Botschaft Ulan Bator oder die Bundesregierung können keinen Einfluss auf ausländische Gerichtsentscheidungen nehmen. Sie können eine solche Einflussnahme auch nicht bei den Regierungen des jeweiligen Landes erbitten. In einem umgekehrten Fall würde die Bitte auf Einflussnahme auf deutsche Gerichte von ausländischen Regierungen unter Hinweis auf die Unabhängigkeit der Justiz zurückgewiesen.
Die Unterstützungsmöglichkeiten der Botschaft sind noch mehr eingeschränkt, wenn die entzogenen Kinder auch die Staatsangehörigkeit des Landes besitzen, in dem sie sich aufhalten. Von den dortigen Behörden werden diese Kinder dann ausschließlich als eigene Staatsangehörige betrachtet und behandelt. Weitere Staatsangehörigkeiten bleiben dabei in der Regel unberücksichtigt. Dies kann dazu führen, dass eine konsularische Betreuung durch die deutschen Auslandsvertretungen erschwert bis unmöglich ist.
Maßnahmen
Wenn Sie anhand konkreter Anhaltspunkte befürchten, dass der andere Elternteil mit Ihrem Kind bzw. Ihren Kindern gegen Ihren Willen Deutschland verlässt (Drohung mit der Außerlandesbringung des Kindes bzw. der Kinder), können Sie bei Ihrem Amtsgericht -Familiengericht- einen Eilantrag stellen, dass ein Ausreiseverbot für Ihre Kinder erlassen wird (Grenzsperre). Das Ausreiseverbot wird dem Bundespolizeipräsidium Potsdam zugeleitet, das die Ausreisesperre schengenweit ausschreibt.
Befürchten Sie, dass eine Ausreise unmittelbar bevorsteht (Gefahr im Verzug), und können Sie den Beschluss des Familiengerichts nicht so schnell erhalten, können Sie sich ausnahmsweise (insbesondere am Wochenende) auch direkt an Ihre Polizeidienststelle vor Ort wenden, die über die Bundespolizei eine Ausreisesperre veranlassen kann. Der Antrag auf Ausreiseverbot beim zuständigen Familiengericht ist dann schnellstmöglich nachzuholen, damit die Ausschreibung zur Ausreisesperre aufrechterhalten werden kann.
Informationen zur Erteilung einer Reisevollmacht für den anderen Elternteil finden Sie hier.
Welche Möglichkeiten betroffene Eltern nach erfolgter Ausreise ihrer Kinder haben, ihre Rechte durchzusetzen, hängt zunächst davon ab, ob zu dem jeweiligen Land völkerrechtliche Vereinbarungen bestehen.
Die Mongolei ist derzeit kein Mitgliedstaat des „Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung“ (HKÜ) vom 25.10.1980. Auch die Brüssel IIa-Verordnung und das Europäische Sorgerechtsabkommen finden keine Anwendung.
Außergerichtliche Lösungen
Wegen des ungewissen Ausgangs gerichtlicher Verfahren im Ausland sollte nach Möglichkeit eine einvernehmliche Lösung der Kindeseltern angestrebt werden. Es muss sorgfältig erwogen werden, ob der langwierige und teure Rechtsweg einfacher ist als ein Gespräch - erforderlichenfalls unter Einbeziehung von Vertrauenspersonen oder Beratungsstellen - bei dem sich die Eltern ungeachtet ihrer persönlichen Differenzen vom Wohl der gemeinsamen Kinder leiten lassen. Rechtspositionen – mögen sie nach deutschem Empfinden auch noch so eindeutig sein – helfen oft nicht weiter. Entscheidungen deutscher Gerichte nützen nichts, wenn sie im Ausland nicht durchgesetzt werden können. Andere Staaten beanspruchen ebenso wie Deutschland das Recht, auf ihrem Staatsgebiet durch ihre Behörden und Gerichte souverän selbst zu entscheiden.
Gerichtliche Verfahren
Soll dennoch der Rechtsweg beschritten werden, stehen grundsätzlich zwei mögliche Verfahrenswege zur Verfügung. Welcher am ehesten Erfolg versprechend ist, sollte mit einem Rechtsanwalt erörtert werden.
- Anerkennung und Vollstreckung eines deutschen Beschlusses
Falls ein Beschluss eines deutschen Gerichts über das Sorge- oder Aufenthaltsbestimmungsrecht bereits ergangen ist, kann der berechtigte Elternteil versuchen, diesen Beschluss in dem Land gerichtlich anerkennen und für vollstreckbar erklären zu lassen, in das die Kinder verbracht worden sind. Ohne den erfolgreichen Abschluss dieser Verfahren ist eine deutsche gerichtliche Entscheidung in einem ausländischen Staat nicht verbindlich. - Erwirken eines ausländischen Beschlusses
Alternativ kann vor dem zuständigen Gericht in dem Staat, in den die Kinder verbracht worden sind, ein eigenständiges Sorgerechtsverfahren mit dem Ziel eingeleitet werden, auf der Grundlage des so erlangten ausländischen gerichtlichen Beschlusses die Herausgabe der Kinder zu erwirken.
Nach den Erfahrungen des Auswärtigen Amtes können beide Verfahrenswege sehr langwierig und teuer sein. Dabei werden die Betroffenen auch nicht ohne die Hilfe eines ortsansässigen Rechtsanwalts auskommen. Die deutsche Botschaft vor Ort kann dazu auf Anfrage unverbindlich Anschriften von (oft auch Deutsch sprechenden) Rechtsanwälten zusenden. Die Mitarbeiter der deutschen Auslandsvertretungen sind selbst nicht befugt, die Interessen deutscher Staatsangehöriger vor Gericht zu vertreten. Gerichts- und Rechtsanwaltskosten können gleichfalls weder vom Auswärtigen Amt noch von den Auslandsvertretungen übernommen werden.
Um eine rasche Rückkehr entzogener Kinder nach Deutschland zu ermöglichen, können die Auslandsvertretungen in Notfällen finanzielle Hilfen zur Rückreise gewähren, wenn die nötigen Mittel kurzfristig nicht selbst aufgebracht werden können (Nachrangprinzip öffentlicher Leistungen des § 5 Konsulargesetz). In Anspruch genommene Leistungen sind zurückzuzahlen.
Strafrechtliche Konsequenzen
Die Entziehung Minderjähriger wird nach den Bestimmungen des deutschen Strafgesetzbuches (§ 235 StGB) geahndet. Voraussetzung für eine strafrechtliche Verfolgung ist ein Antrag der Person, deren Elternrecht verletzt wird. Ausnahmen von dem Antragsgrundsatz gelten unter anderem dann, wenn die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) ein Einschreiten von Amts wegen bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses für geboten hält. Die Erfahrung zeigt aber, dass strafrechtliche oder polizeiliche Maßnahmen allein nur in Ausnahmefällen zum Ziel führen.
Auch in anderen Staaten kann eine Kindesentziehung nach dortigem Recht strafbar sein. Deutsche Väter oder Mütter, die gegen den Willen des anderen Elternteils oder unter Missachtung eines Beschlusses eines ausländischen Gerichts ein gemeinsames Kind aus dem Ausland nach Deutschland verbringen, machen sich daher gegebenenfalls nach dortigem Recht strafbar.
Beratungsangebote
Umfassende Beratung zu grenzüberschreitenden Umgangs- und Sorgerechtskonflikten sowie zu internationalen Kindesentführungen finden Sie bei der Zentralen Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation (ZANK) und beim Internationalen Sozialdienst (ISD) in Berlin.
Zudem können nachfolgend genannte Organisationen betroffene Eltern beraten:
www.mikk-ev.de
www.verband-binationaler.de
Auch Erziehungs- und Familienberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände, Orts- oder Kreisverbände des Deutschen Kinderschutzbundes oder Jugendämter können unterstützend tätig werden.
Die Nennung der o.g. Institutionen und Organisationen erfolgt ohne Gewähr.
Rechtliche Besonderheiten in der Mongolei
Für die Ausreise Minderjähriger ohne Begleitung aller Sorgeberechtigten ist eine entsprechende Vollmacht erforderlich.
Zudem kann auch bei gemeinsamer Sorge kann in der Mongolei ein Elternteil allein einen Gerichtsbeschluss erwirken, der eine Ausreisesperre für das Kind zur Folge hat. Ebenso besteht die Möglichkeit, für den zweiten sorgeberechtigten Elternteil eine Ein- bzw. Ausreisesperre zu erwirken. Informieren Sie sich vor Ihrer Reise oder der Reise Ihrer Kinder über die rechtlichen Gegebenheiten in der Mongolei. In Fragen zu Einzelfällen können Sie sich über das Kontaktformular vertraulich an die Botschaft wenden.