Willkommen auf den Seiten des Auswärtigen Amts

Kindesentziehung

30.08.2019 - Artikel

Hinweise zur Rechtslage bei Entziehung eines gemeinsamen Kindes durch ein Elternteil

Wenn sich Eltern aus verschiedenen Ländern trennen, kommt es immer wieder zu Konflikten über den künftigen Aufenthalt und das Sorgerecht für die Kinder. Eine grenzüberschreitende Kindesentziehung liegt vor, wenn ein Elternteil ohne Einverständnis des (ebenfalls) sorgeberechtigten anderen Elternteils die gemeinsamen Kinder ins Ausland entführt oder nach einer Urlaubsreise deren Rückreise verhindert.

Das Auswärtige Amt und die deutschen Auslandsvertretungen werden bei Kindesentziehungen häufig um Unterstützung gebeten, haben aber keine rechtlichen und nur sehr begrenzte tatsächliche Möglichkeiten, um bei der Rückführung entzogener Kinder nach Deutschland zu helfen. Sorgerechts- und Aufenthaltsbestimmungsfragen sind durchweg in allen Ländern der Welt der Justiz zugeordnet, also den Gerichten. Dies gilt auch für Regelungen zum Umgangsrecht.

Deutsche Auslandsvertretungen oder die Bundesregierung können keinen Einfluss auf ausländische Gerichtsentscheidungen nehmen. Sie können eine solche Einflussnahme auch nicht bei den Regierungen des jeweiligen Landes erbitten. In einem umgekehrten Fall würde die Bitte auf Einflussnahme auf deutsche Gerichte von ausländischen Regierungen unter Hinweis auf die Unabhängigkeit der Justiz zurückgewiesen.

Die Unterstützungsmöglichkeiten der deutschen Auslandsvertretungen sind auch dann sehr eingeschränkt, wenn die entzogenen Kinder auch die Staatsangehörigkeit des Landes haben, in dem sie sich aufhalten. Von den dortigen Behörden werden die Kinder dann ausschließlich als eigene Staatsangehörige betrachtet und behandelt. Ob sie daneben auch die deutsche Staatsangehörigkeit haben, spielt also keine Rolle. Diese Haltung wird international von allen Staaten (auch von Deutschland) eingenommen. Die Betreuung durch die deutschen Auslandsvertretungen ist damit weitestgehend ausgeschlossen.

Welche Möglichkeiten betroffene Eltern haben, ihre Rechte durchzusetzen, hängt zunächst davon ab, ob zu dem jeweiligen Land völkerrechtliche Vereinbarungen bestehen. Deutschland ist Mitgliedstaat des „Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung“ (HKÜ) vom 25.10.1980. Ziel dieses Übereinkommens ist die schnellstmögliche Rückführung widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückgehaltener Kinder. Nach gegenwärtigem Stand ist die Mongolei kein Mitgliedsstaat, eine aktuelle Liste aller Vertragsstaaten finden Sie hier.

Wegen des ungewissen Ausgangs gerichtlicher Verfahren im Ausland sollte nach Möglichkeit eine einvernehmliche Lösung der Kindeseltern angestrebt werden. Es muss sorgfältig erwogen werden, ob der langwierige und teure Rechtsweg einfacher ist als ein Gespräch - erforderlichenfalls unter Einbeziehung von Vertrauenspersonen oder Beratungsstellen - bei dem sich die Eltern ungeachtet ihrer persönlichen Differenzen vom Wohl der gemeinsamen Kinder leiten lassen. Rechtspositionen – mögen sie nach deutschem Empfinden auch noch so eindeutig sein – helfen oft nicht weiter. Entscheidungen deutscher Gerichte nützen nichts, wenn sie im Ausland nicht durchgesetzt werden können. Andere Staaten beanspruchen ebenso wie Deutschland das Recht, auf ihrem Staatsgebiet durch ihre Behörden und Gerichte souverän selbst zu entscheiden.


Gerichtliche Verfahren

Soll dennoch der Rechtsweg beschritten werden, stehen grundsätzlich zwei mögliche Verfahrenswege zur Verfügung. Welcher am ehesten Erfolg versprechend ist, sollte mit einem Rechtsanwalt erörtert werden.

Anerkennung und Vollstreckung eines deutschen Beschlusses
Falls ein Beschluss eines deutschen Gerichts über das Sorge- oder Aufenthaltsbestimmungsrecht bereits ergangen ist, kann der berechtigte Elternteil versuchen, diesen Beschluss in dem Land gerichtlich anerkennen und für vollstreckbar erklären zu lassen, in das die Kinder verbracht worden sind. Ohne den erfolgreichen Abschluss dieser Verfahren ist eine deutsche gerichtliche Entscheidung in einem ausländischen Staat nicht verbindlich.

Erwirken eines ausländischen Beschlusses
Alternativ kann vor dem zuständigen Gericht in dem Staat, in den die Kinder verbracht worden sind, ein eigenständiges Sorgerechtsverfahren mit dem Ziel eingeleitet werden, auf der Grundlage des so erlangten ausländischen gerichtlichen Beschlusses die Herausgabe der Kinder zu erwirken.

Nach den Erfahrungen des Auswärtigen Amtes können beide Verfahrenswege sehr langwierig und teuer sein. Dabei werden die Betroffenen auch nicht ohne die Hilfe eines ortsansässigen Rechtsanwalts auskommen. Die Mitarbeiter der deutschen Botschaft sind selbst nicht befugt, die Interessen deutscher Staatsangehöriger vor Gericht zu vertreten. Gerichts- und Rechtsanwaltskosten können gleichfalls weder vom Auswärtigen Amt noch von der deutschen Botschaft übernommen werden.

Um eine rasche Rückkehr entzogener Kinder nach Deutschland zu ermöglichen, können die Auslandsvertretungen in Notfällen finanzielle Hilfen zur Rückreise gewähren, wenn die nötigen Mittel kurzfristig nicht selbst aufgebracht werden können (Nachrangprinzip öffentlicher Leistungen des § 5 Konsulargesetz). In Anspruch genommene Leistungen sind zurückzuzahlen.

Umfassende Beratung zu grenzüberschreitenden Umgangs- und Sorgerechtskonflikten sowie zu internationalen Kindesentführungen finden Sie bei der Zentralen Anlaufstelle für grenzüberschreitende Kindschaftskonflikte und Mediation (ZANK) und beim Internationalen Sozialdienst (ISD) in Berlin.

Zudem können nachfolgend genannte Organisationen betroffene Eltern beraten:

www.mikk-ev.de
www.verband-binationaler.de

Auch Erziehungs- und Familienberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände, Orts- oder Kreisverbände des Deutschen Kinderschutzbundes oder Jugendämter können unterstützend tätig werden.

Die Nennung der o.g. Institutionen und Organisationen erfolgt ohne Gewähr.

nach oben